Malerei, Grafik, Skulptur

Dauer:
26. April bis 7. Juni 2015
Eröffnung:
Sonntag, 26. April 2015 - 15:00 Uhr
Pressemitteilung:

Rainer Funk, Clemens Heinl, Barbara Lidfors
Kunstmühle Mürsbach
Ansprache zur Eröffnung der Ausstellung am 26. April 2015
von Barbara Leicht M.A.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
das Ausstellungstrio Rainer Funk, Clemens Heinl und Barbara Lidfors hat vieles zu erzählen. Beide Künstler und die Künstlerin, ein Maler, ein Bildhauer und eine Malerin widmen sich der menschlichen Gestalt in all ihren Handlungen und ihrer Präsenz in der heutigen Zeit. Dass dabei drei verschiedene Ausdrucksweisen sichtbar werden liegt auf der Hand, denn alle arbeiten in ihre authentischen Handschrift und besitzen klare künstlerische Haltungen zum Thema Mensch und Gesellschaft.
Damit haben wir es als Betrachter leicht. Kaum erscheint irgendwo das Abbild des Menschen identifizieren wir uns damit und beginnen die Darstellung zu erkennen, versuchen zu lesen und bleiben dennoch manchmal dabei zu rätseln, was welche Handlung bedeuten mag.
Die figurative Kunst ist so alt wie die Kunst selbst – nach bisherigen Erkenntnissen etwa 40.000 Jahre. Frühe Darstellungen zeigten Muttergottheiten und Veneren, menschliche und tierische Votivdarstellungen, das also, was Menschen des Paläolithikums als Abbilder schufen, um ihre Umwelt womöglich im religiösen Kontext zu erfassen und wohl auch um für Schutz und Gesundheit und Nahrung zu bitten. Figurative Kunst besitzt eine Tradition, die sich bis in die Neuzeit, der Zeit also seit dem Ende des 15. Jahrhunderts bis heute bald lückenlos zeigt. Dieser Hintergrund ist wichtig, da diese Kunst gerade deswegen so spannend und so unerschöpflich ist wie der Mensch selbst.
Künstler leben im Hier und Jetzt und reflektieren das Gesehene vor dem Hintergrund kultureller Überlieferungen, entwickeln es weiter, verspannen es mit der Vergangenheit und der laufenden Zeitgeschichte.
In den letzten 20 Jahren hat die immerwährende Figurative einen Hype erlebt, wie seit langem nicht mehr. Und das ist gut so, denn gerade im Nachkriegsdeutschland war es nicht unbedingt einfach für Künstler, sich mit der menschlichen Figur auseinanderzusetzen, man hätte ja in eine Ecke geschoben werden können, in der man nicht unbedingt auftauchen wollte.
Dass zur Figuration deutlich mehr gehört als nur eine anthropomorphe Darstellung zu schaffen, ist klar. Alle drei Künstler haben eine profunde Ausbildung erfahren, sind fähig in wenigen Strichen den menschlichen Körper zu erfassen oder wie Bildhauer Heinl mit sicherer Hand dem Holz Form zu geben.
Das ist Grundlage, neben der eigenen Lebenserfahrung, den Begegnungen, den Kulturen eigene künstlerische Positionen zu beziehen zu den Themen Mensch und heutige Gesellschaft sowie Stadtraum und Landschaft. Da wir nicht im luftleeren Raum leben, tut es die Kunst auch nicht und unsere Umgebung prägt uns maßgeblich und somit auch die Kunst, die darin entsteht.

Raum und Landschaft ist in Malerei wie in Bildhauerei ein wesentliches Mittel, nur dass die Malerei den Raum illusionistisch widergibt und die Skulptur mit ihrem atmosphärischen Umraum ins Drinnen und Draußen direkt eingreift.
Sie erhalten in dieser vielseitigen Ausstellung einen guten Eindruck dessen, was Funk-Heinl-Lidfors künstlerisch beschäftigt. Unter dem großen Thema Mensch zeigen sich selbst hier in dieser kleinen, sehr feinen Schau definierte Denk- und Ausdrucksweisen.
Rainer Funk, Maler und Grafiker, in Fürth geboren, lebt und arbeitet heute in Nürnberg, studierte an der dortigen Kunstakademie bei Prof. Clemens Fischer. Neben seiner freischaffenden Tätigkeit leitet er die Malwerkstatt der Akademie.
Funk lebt, um zu reisen und reist, um zu leben und um Impressionen direkt vor Ort auf seinen zahlreichen Fahrten zu Papier zu bringen. Er war in vielen Ländern Asiens, besuchte Nordafrika und natürlich Südeuropa. Von seinen Reisen existieren eine ganze Reihe von Skizzenbüchern. Handlich im Format, dazu Bleistifte, ein guter, interessanter Ort, bitte beschattet und möglichst mit 360Grad-Panorama. Vor Ort hält der Künstler in seinen Kladden aktuelle Situationen fest. Mitten drin zu sein gefällt ihm: Menschen, Städte Landschaften, geschäftiges Treiben in den Straßen, moderne und traditionelle Architektur, die sich mit den Leuchtreklamen der Global Player durchmischt.
Gibt es ihn, den Ort der absoluten Ruhe? Funk sucht ihn gar nicht mal, er will das, was andere fotografisch mittlerweile per Smartphone festhalten, in dichten Skizzen verewigen. Ein Hauch von Wimmelbildern und Allovers, so viele Informationen wie irgend möglich, ohne den Betrachter damit zu erschlagen, ohne ihm die Lust an Entdeckungen in den Bildern zu nehmen.
Diese Zeichnungen setzt er in Vernis Mou- Technik, der Weichgrundätzung, in seinen Radierungen um, womit er den Charakter der Bleistiftlinie aufnimmt und tiefenräumliche Gestaltung unter anderem durch den variierenden Plattenton erzeugen kann. In dieser recht aufwändigen Technik erhält sich die Unmittelbarkeit der Impression. Nichts Geschmäcklerisches geschieht, sondern die Linien transportieren die Ästhetik seiner Zeichnungen direkt in die Radierungen hinein.
Ganz andere Ansichten bieten die „Horizonte“, von denen der Maler eine kleine Auswahl zeigt. Landschaftliche Anmutungen mit weiten Panoramen, deren farbliche Impressionen er ebenfalls von seinen Reisen mitbringt. Die Landschaftsräume so reduziert zu sehen gründet auf einer Schlüsselerfahrung Funks, der bei einem abendlichen Bad vor Sumatra abgetrieben wurde und nur durch Zufall oder Schicksal von einem Meeresnomaden mitten in der Nacht auf hoher See gerettet wurde. Beim Wegtreiben von der steilbewaldeten Küste sah Rainer Funk die horizontale Abfolge des Wassers, des Grüns der Vegetation und des Abendrots der Atmosphäre. Dies prägte sich ihm tief ein und er kultivierte diese Art reduzierter Landschaftsdarstellung als gegenständlich-koloristische Sicht in vielen seiner Werke.
In beiden Arbeitsweisen, der Radierung und der Malerei fängt Funk das atmosphärische Flair fremder Länder mit wenigen Mitteln auf den Punkt gebracht ein, schafft Veduten in authentischer Handschrift und lässt uns Raum für eigene Sehweisen.
Farbe und Figuration sind Themen von Barbara Lidfors. Sie ist Amerikanerin, stammt aus Iowa und wuchs in Minnesota auf. Sie studierte Kunst am Westmont College, Kalifornien, und am Bethel College, Minnesota und später am Vermont College der Universität von Norwich in Vermont, das sie mit dem Master of fine Arts abschloss. Seit 1982 lebt sie in Deutschland, seit 2003 hat sie ein Atelier in Fürth, der Stadt, in der sie auch wohnt.
Das Abbild des Individuums steht im Zentrum des Schaffens der Malerin. Begegnungen des täglichen Lebens beobachtet sie genau, fotografiert sie und setzt sie in warmen Tönen und mit weichem Duktus um. Ohne Zweifel ist Lidfors eine Philanthropin, die den Menschen liebt und ihn trotz der vielen negativen Handlungen, mit deren Nachrichten wir immerzu konfrontiert werden, als lebensbejahendes Wesen beschreibt.
Sie schöpft aus dem Umfeld ihres täglichen Lebens und aus den Impressionen, die sie auf Reisen erhielt. So haben ihre Werke bald eine globale Gültigkeit, denn Menschen begegnet man ja schließlich überall auf der Welt, zur großen Freude der Künstlerin. Nicht nur der Einzelne ist ihr wichtig, sondern auch das Zusammenleben in der Gesellschaft. So gibt es eine Reihe von Werken der Gruppen Public, Private und Cultural Spaces in denen sie dem Betrachter Einblicke in sein soziales Umfeld gewährt. Junge Menschen im städtischen Kontext, Straßenszenen, Menschen im Gespräch. Die Protagonisten kommunizieren miteinander und mit uns.
Lidfors malt nichts Aufrührerisches, sie macht die Nebensachen zu Hauptsachen ihrer Gemälde und zeigt wie schön der Alltag sein kann. Ihre Intention ist es Situationen aus dem Hier und Jetzt des Lebens zu erfassen, um damit gewissermaßen Zeitzeugnisse zu schaffen. Ihre Werke sind in weiches Licht getaucht, Tiefenräumlichkeit entsteht durch leuchtende Farbakzente, milde Hell-Dunkel-Übergänge und klassische Fluchtpunktperspektive. Möglicherweise lässt sich die Herkunft der Künstlerin aus ihren Lichtsetzungen und der Atmosphäre ihrer Bilder erschließen. Inspiriert durch das Licht des Indian Summers, das sicher in Amerika einmalig ist, schafft Barbara Lidfors, egal auf welchem ihrer Werke positive Stimmungsbilder, die die menschliche Nähe und die Verbindungen der Individuen zueinander vermitteln.
Die Figur ist auch das zentrale Thema des Bildhauers Clemens Heinl, dem gebürtigen Schwabacher, der auch heute noch dort lebt und arbeitet. Er studierte an der Akademie der Bildenden Künste und war Meisterschüler des Bildhauers Wilhelm Uhlig. Vor seinem Studium war er Orthopädiemechaniker, daher hat er sich ein profundes Wissen über die Verwendung diverser Materialien erarbeitet, das ihm noch heute zugutekommt. Er zeigt fünf lebensgroße und drei kleine Figuren. Ebenso wie seine beiden Kollegen ist er ein guter Beobachter seiner Umwelt und seiner Mitmenschen, er portraitiert, er beschäftigte sich mit Themen wie der Divina Comedia des Dante Alighieri und er widmet sich dem ganz normalen Wahnsinn des Lebens unserer Gesellschaft. Gekonnt bearbeitet er mit der Kettensäge und dem Stechbeitel den Stamm, bis er sein inneres Bild intuitiv realisiert hat.
Heinl schafft Portraits, manchmal vor Modell, manchmal aus der Hand und der Imagination heraus. Bei Betrachtung seiner Werke werden Sie bemerken, dass der Bildhauer aus der Ironie schöpft und so manch skurrile Bildnisse zu Wege bringt, die uns mindestens schmunzeln lassen. Genau das macht seine Figuren so lebendig. Dies spielerische Moment gründet in der Lust des Künstlers aufs Tun und auf das Leben und lässt sein Werk bildreich barock anmuten.
Manche Portraits liegen in der Tradition der ewig aktuellen klassischen Antike, denn Heinl kombiniert zum Beispiel Holzkorpora mit bronzenen Antlitzen, siehe auch die Figur des Rudolph Wöhrl, staatsmännisch und würdig dargestellt.
„Yes, he can“ und er schreckt nicht einmal davor zurück, den Supernürnberger Albrecht Dürer zu portraitieren und ihm postum zu zeigen, dass er auf dessen altmeisterlichen Selfies (Sie kennen die drei bedeutenden Selbstportraits) auf seine gekonnt freche Weise noch eins draufsetzen kann.
In der Kombination von seiner bildhauerischen Leichtigkeit mit der gröberen Bearbeitung des Holzes gelangt Heinl zu Bildwerken, bei denen Schnitt, Hieb und Form sitzen. Die lebendige Oberfläche, die kecken, fragenden, selbstsicheren Blicke transportieren eine ausdrucksstarke Wesenshaftigkeit.
Wir sehen individuelle Figuren, die den Menschen künstlerisch interpretieren, mit balanciertem Witz und Ernst, in klassischem Kontrapost, als Standfigur, als Portraitbüste. „Nackert“, ganz natürlich, wie sie halt so sind die Mädels und Jungs, aber auch im Anzug, im Kleid, wo es passt in farbiger Fassung, punktuell oder fasst komplett bemalt.
Heinl reagiert auf das Holz, er lässt sich von dessen Textur, dessen Fasern und Farbe inspirieren.
Sollten Sie neben einer seiner Figuren stehen und sich dabei ertappen, sie ansprechen zu wollen, dann sind Sie nicht der erste, dem das passiert. Die Unmittelbarkeit des Ausdrucks einer lebensgroßen Figur tut ein Übriges zur Interaktion zwischen Betrachter und Kunstwerk.
Und das ist die ureigenste Intention des Bildhauers.