Reformation - und jetzt?
Die KunstMühle Mürsbach lädt ein zur Kunstausstellung „Reformation – und jetzt?“, die sie in Zusammenarbeit mit der Evang. Luth. Pfarrei Schottenstein/Watzendorf kuratiert hat.
Der mittlere Itzgrund ist geprägt von den Wirren der Reformation und Gegenreformation. Je nach Lehensherr oder dem Einfluss der Bistümer Würzburg und Bamberg gab es einen heftigen Wechsel der Religionen. Die Besitzer der Mürsbacher Mühle (Lichtensteinisch) sind wie auch die meisten Mühlenbesitzer im Itzgrund evangelisch lutherischen Glaubens, obwohl viele Bewohner der umliegenden Dörfer zum katholischen Glauben zurückgekehrt sind. Über Jahre hinweg befand sich in der Mühle eine Schule für evangelische Kinder. Nach einigen Problemen wurde schließlich durch eine Stiftung der ledigen Müllerstochter Margarete Zang ein Schulhaus für evangelische Kinder in Mürsbach gebaut. Aus diesen Zeiten resultiert im Itzgrund und auch in Mürsbach ein Nebeneinander der Religionen, das zunehmend zu einem Miteinander im Zeichen der Ökumene wird. Für die Betreiber der KunstMühle lag es aus diesen Gründen im Reformationsjahr nahe, unterstützt von Pfarrer Eckhart Kollmer, dem Kunstbeauftragten des Kirchenkreises Bayreuth, eine Ausstellung zu diesem Thema zusammenzustellen.
Die KunstMühle hat 5 Künstler eingeladen zu dem Thema Stellung zu beziehen. Die Kunstwerke der Künstler Ute Bernhard, Margarethe Kollmer, Gerhard Mayer, Anne Olbrich und Gerhard Rießbeck antworten zum Thema. Es soll ein Bogen gespannt werden, von den Anfängen der Reformation bis zur heutigen Zeit, und ein Zeichen für die Ökumene gesetzt werden. Den geschichtlichen Rahmen bilden dabei historische Exponate aus der Mühle und aus den evangelischen lutherischen Kirchen Schottenstein, Watzendorf und Lahm.
Ute Bernhard’s kongeniale Antwort zum Thema Reformation ist ihre Arbeit mit Wort und Schrift. Ihre Werksgruppe mit Worten und Sätzen in einer eigens dafür entwickelten Handschrift auf Bildern war der Ausgangspunkt ihres Schaffens. Es ging ihr um den grafischen Aspekt, den die Worte und Sätze, die gleichsam herabperlen oder ineinander greifen, hervorrufen. Nach dem Entstehen zahlreicher Bildserien kamen dreidimensionale Werke mit Schrift dazu. Seit 2015 hat sich eine neue Werksgruppe in Richtung Lyrik geformt. Ute Bernhard verfasst lyrische Gedichte und versieht ihre Arbeiten in einem bestimmten Ductus damit. Das öffnet dem Besucher eine neue Dimension des Betrachtens. In der Kunstmühle zeigt sie u. a. zwei Banner aus einem leichten Polyestergewebe mit einem Digitaldruck eines lyrischen Gedichtes.
Margarethe Kollmer benutzt Video und gefundenes, rekombiniertes Material wie Texte und Bilder aus unterschiedlichen Quellen und erzeugt damit einen Bereich zwischen Verweis und Fiktion. So schließt sie durch den Bezug zwischen Herkunft des Materials, dem was dadurch dargestellt wird und der jeweiligen Installation in der Ausstellung, realen und imaginierten Raum zusammen. Es entstehen Doppelbedeutungen, und poetische Leerstelle. Der Prozess des Interpretierens steht bei ihr im Mittelpunkt und wird aufgerufen als eine fortwährend stattfindende und grundlegende Aktivität des Menschen. Die Künstlerin wird in der Ausstellung ihr neuestes Video vorstellen.
Gerhard Mayer hat in der Ellipse seine Grundform gefunden. Auch wenn er mit Schablonen arbeitet, lässt er sich nicht einzwängen in vorgegebene Formen. Er muss die Form erarbeiten und er folgt seinen Regeln. Mal drehen die Linien kalligrafische Pirouetten, dann fallen sie wie leichter Regen herab oder fließen in einen nicht enden wollenden Strudel. Mit der Ellipsentechnik erarbeitet er aus ganz kleinen Versatzstücken historische Gemälde. So entstehen biblische Themen, die z.B. dem Werk des Malers Patinir entlehnt sind. In der jetzigen Ausstellung sehen wir „Judith“, gemalt nach einem Gemälde von Lucas Cranach, dessen Malerei zum Transmissionsriemen christlicher wie auch spezifisch reformatorischer Inhalte wurde. Judith ist eine Heldin der Apogryphen, die mutig, glaubensfest und Manns genug ist, Holofernes zu enthaupten. Sie galt als Schutzpatronin der Reformation und später des Schmalkaldischen Bundes. Wer damals Judith auf dem Gemälde Cranachs sah, übertrug die alttestamentarische Geschichte sofort auf die Gegenwart und den erhofften Sieg der Reformation.
Anne Olbrich bildet ihre persönliche Suche nach Antworten ab, ihre emotionale Ergriffenheit von Geschichten, ihr Eintauchen in Botschaften biblischer oder profaner Texte. Die für sich gefundenen Antworten gibt sie in der ihr eigenen Bildsprache wieder – in Farbe und Form. Sie hat bereits einen beeindruckenden Bildzyklus „Offenbarung des Johannes“ geschaffen. Im Jubiläumsjahr der Reformation versenkt sie sich in die Welt Luthers. Mit ihrer abstrakten Erzählweise erreicht sie eine sich aufladende Spannung, geheimnisvoll und tief verschlüsselt. Ihre Bilder sprechen den Betrachter an, sie faszinieren.
Gerhard Rießbeck zeigt Bilder mit Architekturen, die wie zufällig aus Sperrmüllplatten zusammengefügt sind. Provisorisch, fragil, vielleicht schon vom nächsten Windstoß umgeblasen, versprechen sie wenig Schutz - und sind aber doch immer noch eine bessere Behausung als der kahle Boden, in den sie eingegraben scheinen. Und doch tragen sie im Widerspruch zu ihrem ärmlichen Aussehen verheißungsvolle Titel: „Kirche, Missionsstation, Kapelle, Dom“. Titel, die von einer besseren Vergangenheit künden, oder vielleicht sogar von einer besseren Zukunft, die auf jeden Fall aber deutlich machen, dass der jetzige Zustand nur ein vorübergehender ist und der Betrachter nur das Baumaterial zu sehen bekommt, das im Zusammenhang mit dem Titel erst in der Vorstellung zu seiner Bestimmung findet.